Dieser erste Teil spricht über das Thema des Schutzes der Persönlichkeit durch eine Vorstellung der prinzipiell entsprechenden Rechte, die beeinträchtigt werden können. Drei von einander zu unterscheidende geschützte Sphären werden in Folgenden erörtert werden.
Erstens wird das Recht, das gegen die Veröffentlichung einer ehrenrührigen Behauptung schützt, erörtert. Die Ehre gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht und wird durch das Zivil- und Strafrecht geschützt (Teil 1 .I).
Zweitens kann die Tatsachendarstellung auch ohne Worte veröffentlicht werden, nämlich durch Bilder. Das deutsche Recht hat einige Abwehrmitteln vor mißbräuchlichen Beeinträchtigungen dieser möglichen Veröffentlichungsweise vorgesehen. Diese Abwehrmöglichkeiten befinden sich beim Recht am eigenen Bild im Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Teil 1 .II). Dieser Schutz stammt also aus dem Urheberrecht.
Drittens ist die Richtigkeit der Mitteilungen und die Einwilligung zur Mitteilung ihrer Substanz von der betrachteten Person auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt. Hier spricht man vom Recht am eigenen Wort (Teil 1 .III).
I. EHRE
A. VORBEMERKUNGEN
Die Ehre braucht nicht notwendig verletzt zu sein; es genügt schon, daß jemand wesentlich anders dargestellt wird, als er wirklich ist.
Die Tatbestandsmäßigkeit der Verletzung der Ehre befindet sich in zwei Rechtsgebiete und zwar zwei Gesetzbücher. Einerseits wird die Ehre durch das Strafrecht geschützt. Hier steht als Schutzziel nicht die Person, sondern der Staat im Vordergrund. Andererseits wird die Ehre durch das Zivilrecht geschützt. Hier ist die Einzelperson Schutzziel des Rechts.
Bevor die heutige Rechtsprechung entwickelt wurde, war der Schutz der Ehre durch § 823 Abs. 2 BGB einschränkend gesichert. Insbesondere konnte, wer durch Äußerungen eines anderen in seiner Ehre verletzt worden war, Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er bewies, daß der andere den Straftatbestand der Beleidigung oder der üblen Nachrede der §§ 185 ff. StGB erfüllt und damit ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt hatte. Der Schutz der Ehre wurde später durch eine erneute Auslegung des § 823 Abs. 1 BGB ausgeweitet. Der Bundesgerichtshof ordnete den Begriff des allgemeinen Persönlichkeitsrechts den “sonstigen Rechten” im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB unter. Damit wurde der Schutz der Ehre noch weiter gefestigt. Nach der heutigen Rechtsprechung stehen dem Beleidigten strafrechtliche und zivilrechtliche Abwehransprüche zu.
Zuerst wird auf die Ehre als “bezweckendes Gesetz” im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die auf die entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen verweist, eingegangen (Teil 1 .I.B). Dann wird die Ehre als “sonstiges Recht” im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB (Teil 1 .I.C) behandelt.
Die Ehre, die durch § 823 Abs. 2 BGB geschützt ist, wird durch einen strafrechtlichen Begriff definiert, weil die Bestimmung des BGB auf die §§ 185 ff. StGB Bezug nimmt. Jedoch kommen diese stafrechtlichen Normen nur zur Anwendung, sofern kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 193 StGB wahrgenommen werden kann.
Der strafrechtliche Schutz der Ehre deckt lediglich einen Aspekt der Personenwürde und ist nicht identisch mit dem Bereich, den das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfaßt.
“Ein Angriff auf die Ehre wird geführt, wenn der Täter einem anderen zu Unrecht Mängel nachsagt, die, wenn sie vorlägen, den Geltungswert des Betroffenen mindern würden. Nur durch solche ‘Nachrede’ (die ein herabsetzendes Werturteil oder eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung sein kann), wird der aus der Ehre fließende verdiente Achtungsanspruch verletzt. Sie stellt die Kundgabe der Mißachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung dar, die nach der Rechtsprechung den Tatbestand verwirklicht […].” (BGHSt 36, 145, 148)
Die sogenannten “bezweckenden Gesetze” unterscheiden sich rechtssystematisch dadurch voneinander, daß die Verleumdung und üble Nachrede die Ehrverletzung mittels Tatsachenbehauptung oder -verbreitung erfaßt, während der Beleidigungstatbestand die Ehrverletzung durch die Kundgabe abfälliger Werturteile zum Gegenstand hat.
Außerdem vertritt die Rechtsprechung einen gespaltenen normativ-faktischen Ehrbegriff, der dem § 185 StGB als Rechtsgut die innere Ehre (Teil 1 .I.B.1), das heißt den aus dem sittlichen und sozialen Persönlichkeitswert entspringenden Achtungsanspruch, und dem § 186 StGB die äußere Ehre (Teil 1 .I.B.2), das heißt den in bezug auf diesen Persönlichkeitswert guten Ruf des Menschen, zuordnet.
“Angriffsobjekt der Beleidigung ist die dem Menschen als Träger geistiger und sittlicher Werte zukommende innere Ehre, außerdem seine darauf beruhende Geltung, sein guter Ruf innerhalb der mitmenschlichen Gesellschaft [äußere Ehre]. Wesentliche Grundlage der inneren Ehre und damit Kern der Ehrenhaftigkeit des Menschen ist die ihm unverlierbar von Geburt an zuteilgewordene Personenwürde, zu deren Unantastbarkeit sich das Grundgesetz der Bundesrepublik in Artikel 1 bekennt und deren Achtung und Schutz es ausdrücklich aller staatlichen Gewalt zur Pflicht macht.” (BGHSt 11, 67, 70 f.)
Daraus lassen sich zwei Schlußfolgerungen ziehen. Einerseits kann das Opfer eines Ehrdeliktes in seiner allgemein ethisch-moralischen Qualität als Mensch angegriffen werden (z. B. Titulierung “Schafskopf”). Andererseits umfassen die Wertungsgesichtspunkte einer Ehrverletzung jedoch auch jene Eigenschaften und Fähigkeiten der Person, wie sie zur Erfüllung der Aufgaben und Erwartungen im jeweiligen sozialen Wirkungskreis gesellschaftlich vorausgesetzt werden (z. B. an einen Politiker gerichtete Anordnung, er möge einen Nervenarzt konsultieren; Bezeichnung eines Arztes als “Pfuscher”).
Die sogenannte “innere Ehre”, also die Ehre, die dem aus dem sittlichen und sozialen Persönlichkeitswert entspringenden Achtungsanspruch zugeordnet wird, wird durch die Beleidigung beeinträchtigt.
§ 185 StGB Beleidigung Die Beleidigung wird mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Beleidigung ein rechtswidriger Angriff auf die Ehre eines anderen durch eine vorsätzliche Kundgabe eigener Mißachtung oder Nichtachtung, die durch schriftliche oder bildliche Darstellung erfolgen kann. Angesichts der Gemeinschaftsbezogenheit der Ehre ist die Frage, ob eine Kundgebung den Wert des von ihr Angesprochenen herabsetzt, grundsätzlich entsprechend dem Verständnis des unbefangenen Dritten zu interpretieren.
Erforderlich ist, daß dem Betroffenen der sittliche, personale oder soziale Geltungswert durch das Zuschreiben negativer Qualitäten ganz oder teilweise abgesprochen wird. Die Beleidigung kann auch nur in einer unverdienten Mißachtung, die durch eine unwahre Tatsachenbehauptung oder ein negativer Werturteil geäußert wird, bestehen. Ob eine Äußerung die Mißachtung eines anderen zum Ausdruck bringt, ist durch Auslegung ihres objektiven Sinngehalts zu ermitteln. Die Kundgabe muß den Betroffenen erkennen lassen und an einen andere n gerichtet sein.
Aus der Verwurzelung in der Menschenwürde folgt, daß der Geltungsanspruch unabhängig vom Grad des subjektiven Ehrgefühls oder Ehrempfindens seines Trägers ist, bei etwaigen zuteil gewordenen Entehrungen.
Die “Äußere Ehre” ist diejenige, die in bezug auf den Persönlichkeitswert dem guten Ruf des Menschen zugeordnet wird. Sie umfaßt den sozialen Geltungs- und Achtungsanspruch, der Voraussetzung dafür ist, daß sich der Mensch in der Gemeinschaft behaupten und entfalten kann. Der Schutz dieser Ehre wird in den §§ 186 und 187 StGB erfaßt. Diese Bestimmungen stellen die Ermöglichung fremder Mißachtung durch ehrenrührige Tatsachenbehauptungen über den Betroffenen gegenüber Dritten unter Strafe.
Während die Beleidigung auch durch das Äußern oder Verbreiten von Werturteilen erfüllt werden kann, sind die üble Nachrede (Teil 1 .I.B.2.a) und die Verleumdung (Teil 1 .I.B.2.b) an das Aufstellen oder Verbreiten von Tatsachenbehauptungen beschränkt.
a. Üble Nachrede
Wer eine Tatsachenbehauptung über einen anderen aufstellt oder verbreitet, welche geeignet ist, denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, erfüllt den Tatbestand der üblen Nachrede des § 186 StGB, wenn sich die Wahrheit der Behauptung nicht nachweisen läßt.
§ 186 StGB Üble Nachrede Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ob die Voraussetzungen des § 186 StGB erfüllt sind, bestimmt sich nach dem durch Auslegung zu ermittelnden objektiven Sinn der Äußerung. Im Gegensatz zur Beleidigung handelt es sich nur um Tatsachenbehauptungen oder -verbreitung. Tatsachen sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten und damit dem Beweis zugänglich sind. Unter dem Begriff “Behaupten” versteht man etwas als nach eigener Überzeugung geschehen oder vorhanden hinstellen, obwohl das Wissen nicht auf eigener Wahrnehmung, sondern auf Hörensagen beruht. Der Begriff “Verbreiten” wird in § 186 StGB in einem doppelten Sinn verwendet, je nach dem, ob die ehrenrührige Tatsache mündlich oder schriftlich verbreitet wird. Die erste Verbreitungsart bedeutet das Weitergeben einer Tatsachenbehauptung an andere, wobei als Empfänger der Mitteilung eine einzige Person genügt. Zur zweiten Verbreitungsart gehört das körperliche Zugänglichmachen eines Exemplars der Schrift an Dritte. Das Verbreiten bedeutet also das Weitergeben einer Mitteilung nicht als Gegensand eigener Überzeugung, sondern als von dritter Seite erfahren.
Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz, der sich zwar auf die Ehrenrührigkeit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache, nicht aber auf deren Unwahrheit oder Nichterweislichkeit, beziehen muß. Diese Voraussetzung muß mit der neuen Rechtsprechung verglichen werden: Die Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB (allgemeines Persönlichkeitsrecht als “sonstiges Recht”; vgl. Teil 1 .I.C) erfordert Vorsatz oder Fahrlässigkeit.
Der Täter trägt somit das volle Beweisrisiko. Das ist vor allem für die Presse folgenschwer, weil es zu ihrem Beruf gehört, täglich Meldungen aus der ganzen Welt über Dritte zu publizieren, wobei häufig schon aus zeitlichen und technischen Gründen die Überprüfung der Richtigkeit einer Meldung kaum möglich ist. Daher ist die Schutzbestimmung des § 193 StGB (Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen) für den Publizisten von besonderer Bedeutung (vgl. Teil 2 .II). Das Beweisrisiko des Täters bedeutet, daß das Scheitern des Nachweises der Richtigkeit der Mitteilung in jedem Fall zu seinen Lasten geht. Der Wahrheitsbeweis ist geführt, wenn die Tatsache im Kern nichtig ist.
b. Verleumdung
Wer wider besseres Wissen eine unwahre Behauptung dieser Art aufstellt oder verbreitet, erfüllt den Tatbestand der Verleumdung des § 187 StGB.
§ 187 StGB Verleumdung Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Dieser Tatbestand entspricht dem des § 186 StGB mit dem Unterschied, daß der Täter bei § 187 StGB wider besseres Wissen eine unwahre Tatsache über einen anderen behauptet oder verbreitet haben muß. Mit der Verleumdung wird der Täter nur bestraft, wenn ein doppelter Nachweis erbracht ist: einmal, daß die behauptete oder verbreitete Tatsache unwahr ist und zum anderen, daß der Täter sichere Kenntnis von der Unwahrheit hatte. Unwahr ist die Behauptung, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten falsch ist; geringfügige Übertreibung oder die Unrichtigkeit von Nebensächlichkeiten genügen nicht.
In der Zeit des Reichsgerichts wurde das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht unter dem Begriff des “sonstigen Rechts” subsumiert. Der Grund dafür war, daß diese Subsumption nicht mit der ursprünglichen Konzeption des BGB übereinstimmte. Nach dieser Konzeption konnte der Persönlichkeitsschutz gemäß § 823 Abs. 1 BGB nur für einzelne besondere Persönlichkeitsrechte wie Namensrecht (§ 12 BGB) oder das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) gewährt werden.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde diese ständige Rechtsprechung aufgegeben. Es stand zunächst der strafrechtliche Ehrenschutz im Vordergrund, zur einer Zeit, als Achtung und Würde der Persönlichkeit wieder stark betont wurden. In Zusammenhang damit steht die 1954 erfolgte Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in dem “Leserbrief”-urteil als absolutes Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
“Nachdem nunmehr das Grundgesetz das Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde (Art. 1 GG) und das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit auch als privates von jedermann zu achtendes Recht anerkennt, soweit dieses Recht nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt (Art. 2 GG), muß das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen werden […].” (BGHZ 13, 334, 338)
Auf dieses Urteil folgten rasch weitere Entscheidungen, in denen anderen Ausformungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts deliktischer Schutz auf der Grundlage des § 823 Abs. 1 BGB zuerkannt wurde.
“Bereits in der Entscheidung BGHZ 13, 334, 338 hat der Senat ausgesprochen, daß die durch das Grundgesetz Art. 1, 2 geschützte Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch als bürgerlichrechtliches, von jedem im Privatrechtsverkehr zu achtendes Recht anzuerkennen ist, soweit dieses Recht nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Diesem sog. allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt mithin auch innerhalb der Zivilrechtsordnung Rechtsgeltung zu und es genießt als “sonstiges Recht” den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB (vgl. auch BGHZ 24, 12 ff).” (BGHZ 26, 349, 354)
Diese neue Rechtsprechung ist kritisiert worden, weil sie auf einer unrichtige Begründung beruht hätte. Der Mangel läge darin, daß das Verhältnis von Grundgesetz und Privatrecht falsch gesehen worden wäre. Denn daß das Grundgesetz das allgemeine Persönlichkeitsrecht “auch als privates von jedermann zu achtendes Recht anerkennt”, würde voraussetzen, daß die Grundrechte auch die Privatrechtssubjekte untereinander als unmittelbare Adressaten binden. Eine solche “unmittelbare” Drittwirkung gibt es aber nach heute herrschender, auch vom BGH und vom BVerfG geteilter Ansicht grundsätzlich nicht.
Selbst dort hat sich der BGH auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützt, wo sich das Verhalten des Schädigers als Beleidigung hätte würdigen und seine Haftung sich daher aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB hätte ableiten lassen.
Der Ehrenschutz verlagerte sich später in der Rechtsprechung möglicherweise auch ins Zivilrecht, weil der Verletzte inzwischen mehr Interesse an den zivilrechtlichen Rechtsfolgen (Hauptansprüche: Schadensersatz, Unterlassung, Beseitigung, Widerruf und Hilfsansprüche: Auskunftserteilung, Urteilsveröffentlichung, Vernichtung einer beanstandeten Druckschrift) hatte. Der zivilrechtliche Ehrenschutz reicht weiter als nach der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts: Das Reichsgericht verlangte noch Vorsatz für die Ehrverletzung, während heute leichte Fahrlässigkeit ausreicht.
Heute kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht von strafrechtlichen und auch von zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen erfaßt werden, und zwar unter den gleichen weiteren Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens mit der gleichen Rechtsfolge der Schadensersatzpflicht des Angreifers. Es ist aber anerkannt, daß eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur dort über § 823 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG zum Zuge kommt, wo entsprechender Schutz nicht schon für Teilbereiche durch spezielle gesetzliche Vorschriften gewährleistet wird (z. B. “Recht am eigenen Bild” des § 22 KUG oder Namensrecht des § 12 BGB).
Auch kann gemäß § 823 Abs. 1 oder 2 BGB nur bei einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Entschädigung für immaterielle Schäden verlangt werden; die Beeinträchtigung des Betroffenen darf nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden können. Bei Prüfung der Frage, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die eine Entschädigung erfordert, ist die Schwere und die Tragweite des Angriffs von Bedeutung (vgl. Teil 4 .II).
II. RECHT AM EIGENEN BILD
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das eine positivrechtliche Grundlage in Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hat, ist “Quellrecht” für weitere Schutzrechte des Einzelnen. Eine besondere Erscheinungsform des Persönlichkeitsrechts ist das Recht am eigenen Bild, das in den §§ 22-23 KUG geschützt wird:
§ 22 KUG Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.
§ 23 KUG (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Der Bildnisschutz ist kein Urheberrecht, sondern ein Persönlichkeitsrecht, das das Urheberrecht des Bildschöpfers im Interesse des Persönlichkeitsschutzes des Abgebildeten durchbricht. Das Recht am eigenen Bild stellt sich aber als Eingriff in das Urheberrecht dar. Es muß daher so abgegrenzt werden, daß sich sein Schutz auf die Persönlichkeit des Abgebildeten unmittelbar beschränkt und vor allem die kommerzielle Auswertung des Urheberrechts so wenig wie möglich beeinträchtigt. Das Persönlichkeitsrecht des Urhebers darf dadurch jedoch nicht verletzt werden. Die Grenzen des Rechts am eigenen Bild ergeben sich ebenso wie die des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus der Natur des geschützten Rechtsguts und aus einer sorgfältigen Interessenabwägung. Das Interesse von Kunst und Wissenschaft, die Meinungs- und Informationsfreiheit und die Belange des öffentlichen Sicherheit und Ordnung müssen gegebenenfalls gegeneinander abgewogen werden.
Nach der Regel des § 22 KUG (Teil 1 .II.A) bedarf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das heißt einer Abbildung, auf der eine oder mehrere Personen individuell erkennbar dargestellt sind, grundsätzlich der Einwilligung der Abgebildeten, sofern nicht eine der Ausnahmen der § 23 KUG (Teil 1 .II.B) vorliegt.
A. REGEL DES § 22 KUG
Im Rahmen des § 22 KUG ist ein eingeschränkter Begriff des Bildes vorgesehen (Teil 1 .II.A.1). Um geschützt zu werden, darf der Verletzte der Beeinträchtigung in sein Persönlichkeitsrecht nicht eingewilligt haben (Teil 1 .II.A.2).
1. Bild
Das KUG schützt nicht das gesamte Persönlichkeitsbild, sondern nur das Bildnis einer Person, das heißt die Erkennbarkeit der Person auf einer Abbildung. Infolgedessen wird das Bild durch § 22 KUG definiert, als eine Darstellung von einer Person, die deren äußere Erscheinung erkennbar wiedergibt. Wird das Persönlichkeitsbild durch die Wort- oder Bildberichterstattung verletzt, so löst dies die Abwehrrechte im Rahmen des Ehren- oder allgemeinen Persönlichkeitsschutzes aus. Unter einem Bild ist nicht nur die Fotografische Aufnahme einer Person zu verstehen, sondern auch ihre Abbildung durch Zeitungen, Malerei oder satirische Nachbildung.
Die Erkennbarkeit gilt als zentraler Begriff des Bildnisses. Da dieses Merkmal weit ausgelegt wird, sind stets sämtliche Informationen heranzuziehen, die zu einem Erkennen der abgebildeten Person führen könnten. Dazu gehören neben den besonderen Kennzeichen der Person auch die abgebildete Umgebung, die Namensnennung im Begleittext oder in der Bildunterschrift sowie die anderweitige der Abbildung. Erkennbar im Sinne der Regelung ist nach der Rechtsprechung eine Person selbst dann, wenn Aufnahmen von Doubles verwandt werden. Die Art und Weise der Abbildung ist unerheblich.
Für die Feststellung der Erkennbarkeit sind jedoch alle Identifizierungshilfen geeignet. Dazu müssen nicht unbedingt die Gesichtszüge zu sehen sein. Die Identität der dargestellten Person braucht sich nicht aus dem Bild unmittelbar zu ergeben, sondern es reicht, wenn sie sich aus dem Bild und der Namensangabe in der Bildunterschrift ergibt. Die Abbildung braucht nicht naturgetreu zu sein: Auch eine Karikatur kann nach bestrittener Ansicht ein Bildnis sein. Auch ein veröffentlichtes, täuschend ähnlich nachgestelltes Bild kann eine Persönlichkeitsverletzung sein. Das Bild einer Person liegt auch vor, wenn ein Foto nachgestellt und mit Hilfe von Retuschen und Utensilien der tatsächlichen Person so ähnlich gemacht wurde, daß die Unterschiede zwischen Original und Fälschung verschwindend gering sind; es kommt nicht auf die bei der Herstellung verwendeten Mittel an, denn ein Bildnis ist nicht nur eine fotografische Aufnahme der Person, sondern auch eine Abbildung durch Malerei, Zeichnung oder plastische Nachbildung.
Das Recht am eigenen Bild wird also schon dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlaß zu der Annahme hat, er könnte auf der Abbildung identifiziert werden. Ein Beweis dafür, daß der Betroffene tatsächlich erkannt wurde, ist nicht nötig.
Der Schutzumfang des Rechts am eigenen Bild erstreckt sich auf die veröffentlichte widerrechtliche Verbreitung oder Schaustellung eines Bildnisses einer Person (vgl. § 22 KUG). In diesem Rahmen von Veröffentlichung wird das Herstellen von Abbildungen nicht erörtert.
2. Einwilligung
Die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung in die Verbreitung oder Zurschaustellung der Abbildung kann ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. Nach der überwiegenden Rechtsprechung handelt es sich bei dieser Einwilligung um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung im Sinne der §§ 116 ff. BGB. Für den Begriff der Einwilligung gelten dieselben Grundsätze wie für die Einwilligung zur Veröffentlichung von Informationen, die dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterliegt und nur im Falle der Einwilligung verbreitet werden dürfen.
“Aus dem Wesen dieses Rechts folgt, daß die Verfügung über das eigene Bild nur dem Abgebildeten als Rechtsträger selbst zusteht; nur er selbst soll darüber befinden dürfen, ob, wann und wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit im Bild darstellen will […].” (BGH NJW 1996, 985, 986)
Hier wird die Ansicht vertreten, daß die Frage der Einwilligung unter dem Teil betreffend die Rechtswidrigkeit behandelt werden soll, weil die Einwilligung rechtfertigend wirkt. Deshalb wird für die Erörterung dieser Frage auf dem Punkt “Teil 2 .II” vorgestellt ist, verwiesen.
B. AUSNAHMEN DES § 23 KUG
Das KUG sieht zwei Tatbestände vor, in denen eine Einwilligung der abgebildeten Person nicht mehr erforderlich wird. Entweder wird die Person als Person der Zeitgeschichte betrachtet (Teil 1 .II.B.1) oder sie ist einfach in der Öffentlichkeit erschienen (Teil 1 .II.B.2) und der erste beste konnte es feststellen. In diesen Fällen geht das Gesetz von der Zulässigkeit der Herstellung und der Veröffentlichung der Abbildung aus.
1. Person der Zeitgeschichte
Der Begriff der Zeitgeschichte ist im weitesten Sinne zu verstehen. Er bezeichnet den Bereich, der zwischen Tagesaktualität und Geschichte angesiedelt ist, und beschränkt sich nicht auf bestimmte Ausschnitte des öffentlichen Lebens, etwa die Politik. Die Vorgänge der Zeitgeschichte müssen nicht notwendig von überregionaler Bedeutung sein, lokale Bedeutung reicht aus. Die Beweislast, ob es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, liegt bei den Publizierenden.
Die Personen der Zeitgeschichte sind nicht nur solche Personen, die dauerhaft und allgemein oder weithin bekannt sind – sogenannte absolute Personen der Zeitgeschichte (Teil 1 .II.B.1.a) –, sondern auch solche, die aus einem vereinzelten, aber die Öffentlichkeit interessierenden Ereignis heraus plötzliche Bekanntheit erlangen – sogenannte relative Personen der Zeitgeschichte (Teil 1 .II.B.1.b).
a. Absolute Person der Zeitgeschichte
Die absolute Person der Zeitgeschichte ist die, die aus der Masse der Mitmenschen aufgrund ihrer Stellung in Staat oder Gesellschaft sowie durch außer- beziehungsweise ungewöhnliches Verhalten herausragen und deswegen dauerhaft im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen (Prominenz). Bildberichte über sie empfindet das Publikum deshalb als bedeutsam und allein um ihrer Person willen der Beachtung wert.
“Für die Einordnung einer Person als absolut zeitgeschichtlich ist Maßgebend, daß die öffentliche Meinung Bildwerke über sie als bedeutsam und der dargestellten Person willen der Beachtung wert findet, der Allgemeinheit demgemäß ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse an eines bildlichen Darstellung zuzubilligen ist […]. Dazu gehören vor allem Monarchen, Staatsoberhäupter sowie herausragende Politiker […].” (BGHZ 131, 332, 336)
Veröffentlichungen von Fotos solcher Persönlichkeiten, die die Teilnahme am öffentlichen Leben zeigen, sollten immer zulässig sein. Geschützt bliebe der Intimbereich und der Bereich des Privat- und Familienlebens kraft des besonderen Persönlichkeitsrechts auf Wahrung der Diskretion.
b. Relative Person der Zeitgeschichte
Relative Personen der Zeitgeschichte treten nur in Zusammenhang mit einem bestimmten Geschehen in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Das öffentliche Interesse an ihrer Abbildung folgt also aus der Beteiligung der Person an dem jeweiligen Ereignis. Diese Stellung wurde insbesondere für Straftäter sowie Anwälten in Zusammenhang mit spektakulären Prozessen angenommen. Als relativen Personen der Zeitgeschichte gelten weiterhin vertraute Begleiter von absoluten Personen der Zeitgeschichte, sofern sie sich mit diesen in der Öffentlichkeit zeigen.
Nicht jedes abweichende oder auffällige Verhalten macht dessen Träger schon zu einer relativen Person der Zeitgeschichte. Nur wenn die Allgemeinheit ein sachliches, das heißt nicht nur auf Neugier und Sensationslust beruhendes Informationsbedürfnis an dem entsprechenden Vorgang hat, ist dieser von zeitgeschichtlichem Interesse. Personen, die ohne eigenes Zutun in einem Vorfall verwickelt sind, an dessen Berichterstattung öffentliches Interesse besteht können im allgemeinen nicht als relative Personen der Zeitgeschichte angesehen werden.
In aller Regel wird bei allen relativen Personen der Zeitgeschichte das Recht zur Verbreitung ihres Bildes zeitlich befristet sein und erlöschen, wenn auch das Interesse der Öffentlichkeit an dem Geschehen erlischt, mit dem sie in Verbindung stehen. Selbst wenn aber dieses Informationsinteresse fortbesteht, kann das Recht zur Bildveröffentlichung auf diejenigen Bilder beschränkt sein, die im sachlichen Zusammenhang mit dem betreffenden Ereignis oder der betreffenden Funktion entstanden sind, während die Verbreitung anderer Lichtbilder derselben Person unzulässig sein kann.
2. Öffentliche Erscheinung der Person
Zwei grundsätzliche Fälle werden von dem Gesetz im Rahmen der öffentlichen Erscheinung der abgebildeten Person geregelt. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG sieht den Fall der Person als Beiwerk (Teil 1 .II.B.2.a) vor. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG fügt noch den Fall einer Person hinzu, die in einer Versammlung (Teil 1 .II.B.2.b) abgebildet wird.
a. Beiwerk
Bilder einer Landschaft oder “sonstige Örtlichkeit”, auf denen Personen nur als “Beiwerk” erscheinen, dürfen grundsätzlich auch ohne Einwilligung der Abgebildeten verbreitet werden. Maßgeblich für die Erfüllung dieser Voraussetzung ist der Gesamteindruck, den das Bild vermittelt.
Die Bildveröffentlichung wird erlaubt, wenn die abgebildete Person nicht in ihrer Individualität erkennbar ist, sondern dem übrigen Bildnisinhalt in solchem Maße untergeordnet erscheint, daß die konkrete Person auch weggelassen werden könnte, ohne den Charakter und Aussagegegenstand des Bildes zu ändern.
b. Versammlung
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen dürfen ebenfalls ohne Einwilligung der Abgebildeten veröffentlicht werden. Versammlungen und Aufzüge sind dadurch gekennzeichnet, daß Personen zu einem gemeinsamen Zweck zusammenkommen. In dem Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG, der diesen Tatbestand vorsieht, sollen solche Bilder privilegiert werden, bei denen nicht die einzelne Person im Mittelpunkt steht, sondern ein die Öffentlichkeit interessierender Vorgang. Anhaltspunkte dafür, daß dieses auf zufällige Menschenansammlungen nicht zutrifft, sind nicht ersichtlich.
Bildberichte über und damit auch die Aufnahmen von Fotografien von Demonstrationen und Polizeieinsätzen sind daher grundsätzlich zulässig. Das folgt nicht nur aus dem verfassungsrechtlich gesicherten Auftrag der Medien zur Beobachtung und Kontrolle staatlichen Handelns, der gerade dort besondere Bedeutung erlangt, wo dieses in Gewaltanwendung mündet. Das folgt im Prinzip auch aus der Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG.
Wenn die Abbildung einzelne Personen aus der Anonymität der Masse herauslöst, so ist grundsätzlich deren Zustimmung nötig.
Die Problematik der Verletzung der Persönlichkeit erscheint nicht nur durch schriftliche oder gezeichnete Tatsachendarstellungen der Medien. Die Darstellungen können auch durch gesprochene Wörter veröffentlicht werden. Im Rahmen dieser Möglichkeit muß die Persönlichkeit auch geschützt werden.
A. BEGRIFF
Das Recht am eigenen Wort gewährleistet die Richtigkeit der Information und die Einwilligung des Betroffenen. Gerade wenn Äußerungen als Beleg für die Persönlichkeit eines anderen herabsetzende Kritik zitiert werden, müssen sie richtig dargestellt werden. Auch wenn ein Interview nachträglich gekürzt oder sonst verändert wird, so ist das nur mit erneuter Zustimmung des Interviewten rechtsmäßig.
Jedermann darf grundsätzlich selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf. Dieses Recht muß zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet werden. Deshalb ist das Recht am eigenen gesprochenen Wort durch den Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet.
B. UMFANG
Das Recht am eigenen Wort umfaßt den Schutz davor, daß der Betroffene als Beleg für eine ehrverletzende Kritik von seinen Kritikern durch unrichtige, verfälschende, unterstellende Zitate Äußerungen in den Mund gelegt bekommt, die er nicht getan hat; denn damit wird ihm die Entscheidung über sein eigenes Wort weitgehend genommen und durch eine mögliche Beurteilung Dritter ersetzt, in der seine Äußerung eine andere Färbung oder Tendenz erhalten kann, als der Zitierte sie zum Ausdruck gebracht hat.
“Unzulässig sind im allgemeinen nicht nur vom Verfasser nicht genehmigte Streichungen wesentlicher Teile seiner Aufzeichnungen, sondern auch Zusätze, durch die seine nur für bestimmte Zwecke zur Veröffentlichung freigegebenen Aufzeichnungen eine andere Färbung oder Tendenz erhalten, als er sie durch die von ihm gewählte Fassung und die Art der von ihm erlaubten Veröffentlichung zum Ausdruck gebracht hat.” (BGHZ 13, 334, 339)
Die Zuschreibung einer nicht getanen Äußerung kann ein unrichtiges Persönlichkeitsbild bewirken, also eine Verletzung der Privatsphäre und damit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein, weil der soziale Geltungsanspruch verletzt wird. Das betrifft auch die Verbreitung eines erfundenen Interviews, das sich auf das Privatleben des Verletzten bezieht.
Es steht bei derartigen Mitteilungen der objektive Gehalt des Gesagten so sehr im Vordergrund, daß die Persönlichkeit des Sprechenden nahezu vollends dahinter zurücktritt und das gesprochene Wort damit seinen privaten Charakter verliert.
Teilweise wird das Recht am eigenen gesprochenen Wort strafrechtlich geschützt (§ 201 StGB), jedoch nur insoweit, als technische Geräte, also Tonträger oder Abhörgeräte benutzt werden. Diese Geräte sind nur, diejenigen Vorrichtung zur wiederholten Wiedergabe von Tonfolgen, namentlich das Ton- oder Magnetband und die Schallplatte, sind. Straflos kann also ein nichtöffentliches mündliches oder telephonisches Gespräch ohne technischen Apparat abgehört und das Abgehörte verbreitet werden. In diesem Fall kommt aber § 823 Abs. 1 BGB zum Zuge: Durch die Publikation eines heimlich abgehörten Telefonats wird nicht nur das Interesse der Betroffenen daran, den Inhalt der Unterhaltung nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, beeinträchtigt, sondern viel stärker noch wird deren Persönlichkeit berührt, weil mit der Veröffentlichung des Telefonats ein in ihm erfaßter Bereich offengelegt wird, auf den der einzelne zur Wahrung und Entwicklung seiner Individualität auf Abschirmung vor der Öffentlichkeit besonders angewiesen ist.
Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist, und zwar auch dann, wenn der Festlegungsform eine Urheberschutzfähigkeit nicht zugebilligt werden kann, Ausfluß der Persönlichkeit des Verfassers. Daraus folgt, daß grundsätzlich dem Verfasser allein die Befugnis zusteht, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; denn jeder unter Namensnennung erfolgenden Veröffentlichung von Aufzeichnungen eines noch lebenden Menschen wird von der Allgemeinheit mit Recht eine entsprechende Willensrichtung des Verfassers entnommen. Die Fassung der Aufzeichnungen und die Art ihrer Bekanntgabe unterliegt der Kritik und Wertung der öffentlichen Meinung, die aus diesen Umständen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verfassers zieht. Während eine ungenehmigte Veröffentlichung privater Aufzeichnungen – in der Regel – einen unzulässigen Eingriff in die jedem Menschen geschützte Geheimsphäre darstellt, verletzt eine veränderte Wiedergabe der Aufzeichnungen die persönlichkeitsrechtliche Eigensphäre des Verfassers deshalb, weil solche vom Verfasser nicht gebilligten Änderungen ein falsches Persönlichkeitsbild vermitteln können.
Ungenehmigte Veröffentlichungen widerrechtlicher Gesprächsaufzeichnungen stellen in der Regel eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Die Aufzeichnungen vertraulichen Charakters dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung des Verfassers und nur in der von ihm gebilligten Weise veröffentlicht werden. Dieser Schutz der Persönlichkeitsrechtlichen Eigensphäre steht grundsätzlich auch den sogenannten Personen der Zeitgeschichte für ihre vertraulich gemachten Äußerungen zu. Die allgemeine Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG kann grundsätzlich nicht die Veröffentlichung widerrechtlicher Aufnahmen privater Äußerungen rechtfertigen. Die Informationsfreiheit ist auf “allgemein zugängliche Quellen” beschränkt.